Projektflyer

Im Jahr 2018 sind in der Bundesrepublik weder Ostdeutsche noch Menschen mit Migrationshintergrund entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in Elitepositionen – wie Bundesminister*innen, Vorstandvorsitzende der größten Unternehmen, Richter*innen am Bundesverfassungsgericht oder Leiter*innen der großen Forschungsorganisationen – präsent.
Für die Ostdeutschen gilt, dass sie selbst in Ostdeutschland eine Minderheit der Eliteangehörigen stellen. An dieser Unterrepräsentation hat sich seit der Wiedervereinigung – soweit wir wissen – wenig verändert. Kleineren Aufwüchsen in wenigen Sektoren (wie Verwaltung oder Wissenschaft) stehen (vermutlich) schrumpfende Anteile in anderen Sektoren (bestimmte Felder in der Politik oder der regionalen Wirtschaft) gegenüber. Bisherige Untersuchungen haben diese Ergebnisse für einzelne Gesellschaftsbereiche in wechselnder Ausprägung punktuell immer wieder bestätigt. Jedoch existiert keine aktuelle, sektorübergreifende und vollständige Erfassung dieser personellen Unterrepräsentation. Auch eine umfassende empirische Analyse ihrer Ursachen und Folgen, die ggf. als Grundlage für politisches Handeln zur Beseitigung der Unterrepräsentation dienen könnte, fehlt bislang.
Eine ähnliche Situation lässt sich für Menschen mit Migrationshintergrund konstatieren. Obwohl für diese Bevölkerungsgruppe trotz ihres Anteils von fast einem Viertel an der Gesamtbevölkerung Deutschlands die Datenlage noch lückenhafter ist, wissen wir aus Recherchen der letzten zehn Jahre, dass es keinen einzigen Sektor (von der Politik über Wirtschaft und Verwaltung bis zur Wissenschaft und Kunst) gibt, in dem sie angemessen in den Eliten vertreten wären. So findet sich etwa im neuen Bundeskabinett (2018) kein*e Minister*in mit Migrationshintergrund; es gibt auch keinen General bzw. Generalin der Bundeswehr mit Migrationsgeschichte. Auch in der Verwaltung bewegt sich der Anteil von Führungskräften mit Migrationshintergrund wahrscheinlich im Bereich von ein bis drei Prozent.
An dieser Ausgangslage setzt das Forschungsprojekt an und erhebt umfassend die Inhaber*innen von Elitepositionen in allen relevanten gesellschaftlichen Sektoren. Das erste Forschungsziel besteht mithin darin, den Anteil der Ostdeutschen und Menschen mit Migrationshintergrund in den Eliten systematisch zu erfassen. In einem zweiten Schritt gilt es, die Ursachen für die vermutlich fortbestehende Unterrepräsentation aufzuklären. Zur Elite werden dabei zum einen Positionseliten gezählt, d.h. die Inhaber*innen formal definierter Führungspositionen in den zentralen gesellschaftlichen Organisationen. Zum anderen werden auch so genannte Reputationseliten untersucht. Damit sind Personen gemeint, die aufgrund ihrer Prominenz, sozialen Anerkennung und Vorbildwirkung das Handeln bestimmter Gruppen und/oder der Gesamtgesellschaft entscheidend beeinflussen und verändern können.
Ein weiteres Projektziel besteht in der repräsentativen Erkundung und Analyse der Wahrnehmungen, Deutungen und Bewertungen der personellen (Unter-)Repräsentation Ostdeutscher und Menschen mit Migrationshintergrund in den Eliten durch die Bevölkerung. Gefragt wird, ob und welche Folgen die Repräsentationslücken für die Beurteilung von Eliten(-handeln), für Einstellungen gegenüber dem politischen und wirtschaftlichen System der Bundesrepublik und darüber hinaus für die Formierung politischer Kulturen, d.h. politischer Werte, des Institutionenvertrauens oder des zivilgesellschaftlichen Engagements, haben. Untersucht werden soll auch, inwieweit die unterproportionale Präsenz von Ostdeutschen oder Menschen mit Migrationshintergrund Einfluss darauf hat, ob sich Angehörige dieser Gruppen dafür entscheiden, eine Eliteposition oder generell sozialen Aufstieg anzustreben.
Um der Komplexität des Gegenstandes gerecht zu werden, ist das Forschungsprojekt als Kooperationsvorhaben zwischen dem Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin, der Universität Leipzig und der Hochschule Zittau/Görlitz angelegt.
Das Projekt hat eine Laufzeit von November 2018 bis November 2020.
Die wesentlichen Forschungsinstrumente und Arbeitsschritte sind:
Abendveranstaltung in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, 26.10.2020
„Finden sich Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund in der Elite wieder?“
Grußwort: Thomas Heppener (BMFSFJ)
Präsentation der DeZIM-Research Note: „Teilhabe ohne Teilnahme? Wie Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund in der bundesdeutschen Elite vertreten sind“
Podiumsdiskussion mit:
Prof. Dr. Naika Foroutan (Direktorin des DeZIM)
Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb)
Prof. Dr. Raj Kollmorgen (Hochschule Zittau/Görlitz und Trawos-Institut, Mitautor der Studie „Soziale Integration ohne Eliten?“)
Melanie Stein („Wir sind der Osten")
Panel: Aufbruch der Eliten, 21.11.2019, Tagung: 1989/90 - Aufbruch ohne Ende?, Universität Leipzig, Institut für Politikwissenschaft
Panel: Soziale Integration ohne Eliten? Die personelle Unterrepräsentation sozialer Großgruppen in Elitenpositionen, 25.09.2019, Konferenz „Great Transformation: Die Zukunft moderner Gesellschaften“, Jena
Workshop- und Vernetzungsveranstaltung: "Von der Stimme zum Einfluss – Wendekinder als Führungskräfte stärken" 24.06.2019 Berlin
Sabrina Zajak, Vorstellung des Projekts im Gesprächs- und Arbeitskreis Sozialwissenschaften, Friedrich-Ebert-Stiftung, 30.04.2019
Raj Kollmorgen, Lars Vogel, Vorstellung des Projekts in der BpB, 13.3.2019
Damir Softic, „Migranten in der Politik“, eingeladener Vortrag zur Diskussion des Projekts „Soziale Integration ohne Eliten?“, DeZIM-Institut, 28.02.2019
Raj Kollmorgen, Vortrag zu ostdeutschen Eliten am Hannah-Ahrendt-Institut Dresden, 24.01.2019,
Lars Vogel, Sabrina Zajak, Vorstellung des Projekts im BMFSFJ, 31.01.2019
Workshop „Kodierung von Elitenbiografien aus prozessproduzierten Daten“, Berlin DeZIM, 21.11.2018
Kollmorgen, Raj, 2019, Die falsche Therapie, in Zeit online vom 13.04.2019: https://www.zeit.de/2019/16/ost-quote-fuehrungspositionen-ostdeutsche-herkunft-chancengleichheit
Projektleitung: Prof. Dr. Raj Kollmorgen Hochschule Zittau/Görlitz, TRAWOS-Institut
Projektmitarbeiter: Jan Schaller, M.A. Tel. +49 (0)3581 374 4489
Projektleitung: Dr. Lars Vogel Tel. +49 (0)341 97 37107
Projektmitarbeiterin: Katharina Heger, M.A. Tel. +49 (0)341 97 35631
Projektleitung: Prof. Dr. Naika Foroutan
Koordination: Prof. Dr. Sabrina Zajak Tel. +49 (0)30 206 784 68
Projektmitarbeiterin: Dr. Kathleen Heft Tel. +49 (0)30 206 784 68
Julia Jorch
E-Mail: jorch@dezim-institut.de
Tel.: 0049 (0) 30-804 928 93