FoDiRa-Projekt: Diskriminierungserfahrungen im Prozess des Ankommens

Diskriminierungserfahrungen gehören bei Menschen, die als „anders“ gesehen werden auch in Deutschland zum Alltag. Studien zeigen, dass beispielsweise Menschen aus anderen Ländern für vergleichbare Tätigkeiten am Arbeitsmarkt weniger Lohn erhalten als Deutsche (Koopmans et al. 2020, Bernhard und Bernhard 2016), dass türkisch klingende Namen bei der Wohnungssuche zum Nachteil werden (Horr et al. 2018, Auspurg et al. 2017) oder dass sich Menschen mit Migrationserfahrung in Deutschland diskriminiert fühlen, allen voran Migrant*innen aus arabischen und muslimischen Staaten (Tucci et al. 2014). Es gibt keinen Lebensbereich, in dem Zugezogene vor Diskriminierungen sicher sind, von der städtischen Verwaltung über die private Grillfeier bis zum Angebot von Mitfahrgelegenheiten (Liebe und Beyer 2021). Neuankommende Menschen, wie die in den Jahren 2014 bis 2016 nach Deutschland geflüchteten, treffen Diskriminierungserfahrungen doppelt: als persönliche Herabwürdigung und als Verunsicherung in der besonders vulnerablen Lebensphase, in der sie sich in einem neue Land zurechtfinden müssen.

Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt „Diskriminierungserfahrungen im Prozess des Ankommens (DiPA)“, erstens, welche Diskriminierungserfahrungen Geflüchtete in verschiedenen alltäglichen Lebensbereichen machen. Die Perspektive der Untersuchten steht dabei im Zentrum: ihr Erleben, ihre Deutungsansätze (sense-making) und ihre Positionierungen innerhalb und gegenüber der Aufnahmegesellschaft. Dazu führen wir in der Tradition der dokumentarischen Methode (Bohnsack et al. 2013) sowie der partizipativen Forschung (Unger 2013) Gruppendiskussionen mit Geflüchteten durch. Das Projekt versteht Diskriminierung nicht als zufällige Ereignisse, die auf situatives Fehlverhalten („Das ist mir so rausgerutscht!“) oder auf die Neigungen einzelner Täter*innen zurückzuführen sind („Der ist halt ein Rassist.“). Vielmehr werden sie als Erscheinungsformen von strukturell verankerten Praktiken und Diskursen aufgefasst, die Teil eines Systems von Diskriminierungen und Rassismus sind, das in der Aufnahmegesellschaft institutionell, habituell und kognitiv verankert ist (Reskin 2012). Das Forschungsinteresse des Projekts richtet sich deshalb, zweitens, auf die kollektiven Erfahrungsbestände der Geflüchteten. Es interessiert sich für Gemeinsamkeiten in den Erfahrungen der Studienteilnehmenden sowie für systematische Unterschiede, etwa solche zwischen geflüchteten Frauen und Männern. Dabei hat die Untersuchung auch Ziele und Ressourcen der Befragten im Blick, da Geflüchtete nicht als passive Opfer, sondern als interpretierende und handelnde Akteure verstanden werden, die sich mit den kontextuellen Gegebenheiten bewusst und unbewusst auseinandersetzten und sich dazu verorten.

Forschungsfragen

  • Welche Diskriminierungserfahrungen machen Geflüchtete im Alltag?
  • Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen Erfahrungen hinsichtlich der Struktur von Diskriminierungen und Rassismus gegenüber Neuankommenden in Deutschland ziehen?

Beteiligte Wissenschaftler*innen

Projektleitung

Mitarbeitende

  • Dr. Evelyn Wladarsch

Kontakt

Evelyn Wladarsch

evelyn.wladarsch(at)arbeitsagentur.de