Migrationsforschung im Zentrum der Gesellschaft: Fünf Jahre DeZIM-Institut 

Das DeZIM feierte am Mittwoch sein fünfjähriges Bestehen mit einem Festakt in Berlin.

Das Institut des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) feierte am Mittwoch sein fünfjähriges Bestehen mit einem Festakt in Berlin. Das DeZIM-Institut, das von Prof. Dr. Naika Foroutan und Prof. Dr. Frank Kalter geleitet wird, ist heute fest in der Forschungslandschaft etabliert. Hier entsteht innovative Forschung, deren Ergebnisse die Wissenschaftscommunity ebenso wie Öffentlichkeit, Politik und Zivilgesellschaft adressieren. Zugleich dient das Institut als Vernetzungszentrale für die DeZIM-Forschungsgemeinschaft, einem bundesweiten Verbund von sieben führenden Forschungseinrichtungen im Themengebiet. Das DeZIM wird maßgeblich durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.  
 
Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung e.V. (DeZIM) wurde am 31. Juli 2017 gegründet, um bestehende Strukturen der Migrations- und Integrationsforschung zu vernetzen, die Migrationsforschung in Deutschland international anschlussfähiger zu machen und den erhöhten Anforderungen durch Politik, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft nach datenbasierter Information gerechter zu werden. Im Juli 2018 eröffnete das DeZIM-Institut seine Räume in Berlin. Seitdem leistet es mit empirischer Forschung, zugänglichen Datenquellen und -infrastrukturen sowie kontinuierlicher Netzwerkarbeit wichtige Beiträge zum Ausbau des Forschungsbereichs in Deutschland und seiner Schnittstellen zu Expert*innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Heute arbeiten am Institut 189 Mitarbeiter*innen in drei wissenschaftlichen Abteilungen, einem Zentralcluster für Methoden, einem Forschungsdatenzentrum, einem Arbeitsbereich für Demokratiepraxis und in der Geschäftsstelle des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitorings.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus gratulierte: „Das DeZIM hat sich zu einer zentralen Institution entwickelt, wenn es um Fragen von Migration, Flucht, Integration und Teilhabe geht. Politik und Medien klopfen an, um mehr über unsere Einwanderungsgesellschaft zu erfahren. Auf diese und viele weitere Fragen liefert das DeZIM Antworten. Evidenzbasiert, zuverlässig – und immer aktuell. Das ist ein echter Gewinn für Politik und Öffentlichkeit in unserem Land. Ich gratuliere dem DeZIM-Institut ganz herzlich zum fünfjährigen Jubiläum.“ 

Das DeZIM-Institut hat in den letzten fünf Jahren über 100 Forschungsprojekte und -aufträge bearbeitet. Die Forschung unterliegt strengen internen und externen Verfahren der Qualitätssicherung. Die Forschungsergebnisse werden in hochrangigen Forschungszeitschriften veröffentlicht, in eigenen Publikationsreihen öffentlich verfügbar gemacht, in Veranstaltungen mit Interessengruppen diskutiert und für die politische Beratung aufbereitet.

DeZIM-Direktor Prof. Dr. Frank Kalter betonte beim Festakt das Zusammenspiel sehr unterschiedlicher Forschungsansätze: „In der Arbeit des DeZIM-Instituts achten wir besonders auf die konstruktive Auseinandersetzung zwischen Forschenden mit unterschiedlichen theoretischen und methodischen Ausgangspunkten.“ Zur Vielfalt der Forschung am DeZIM gehört beispielsweise mit dem DeZIM.panel eine bislang einzigartige, großangelegte, repräsentative Langzeitbefragung der Bevölkerung in Deutschland, mit der sich aktuelle Themen, Trends und Entwicklungen im Themenfeld Migration/Integration analysieren lassen. Für diese Analysen kommen komplexe statistische Methoden zum Einsatz, die auch international wegweisend für die Forschung sind. Zum Repertoire gehören zudem Medien- und Quellenanalysen, experimentelle Studiendesigns oder qualitative Intensivinterviews, mit denen tiefe Einblicke in die Lebensrealitäten der postmigrantischen Gesellschaft möglich werden. „Diese Vielfalt“, so führte Frank Kalter weiter aus, „führt zu Forschungsinnovationen, die helfen die Dynamiken des gesellschaftlichen Wandels in Deutschland wissenschaftlich besser zu erfassen.

Die ersten fünf DeZIM-Jahre waren insbesondere durch die großen gesellschaftlichen Herausforderungen dieser Zeit geprägt – die Folgen der großen Fluchtmigration von 2015/16, die Coronapandemie, die rassistischen Attentate in Halle und Hanau sowie den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Diese Krisen wurden zum unmittelbaren Testfall der DeZIM-Kompetenz im Bereich „schneller“ und zugleich intensiver Forschung und der dafür notwendigen Dateninfrastrukturen. Besonderen Wert legt das DeZIM-Institut darauf, nicht „über“ migrantische Gruppen, Organisationen und Akteur*innen zu forschen, sondern im ständigen Austausch mit ihnen.

DeZIM-Direktorin Prof. Dr. Naika Foroutan sagte dazu: „Die deutsche Gesellschaft hat sich stark verändert – nicht nur, aber auch durch Migration. Deutschland ist im letzten Jahrzehnt zu einem der dynamischsten Migrationsakteure weltweit geworden. Das führt zu Konflikten, Überforderungen und Abwehr, aber auch zu Willkommenskulturen, Engagement und politischer Beteiligung. Am DeZIM-Institut beforschen wir die Transformation Deutschlands in eine postmigrantische Gesellschaft. Es geht in diesem und den kommenden Jahrzehnten nicht mehr darum, ob Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist, sondern vor allem darum, wie diese Gesellschaft das Zusammenleben zwischen Etablierten und Neuankommenden gestaltet – wobei die Etablierten zunehmend auch migrantische Biografien aufweisen. Diese Aushandlungen rücken in den Fokus unserer Forschung.“ 

Beim Festakt richten die Direktor*innen des DeZIM den Blick auch auf die Zukunft. In den nächsten fünf Jahren wird das Profil des DeZIM weiter geschärft: Die entstandenen Dateninfrastrukturen und Methodenkompetenzen werden für das gesamte Forschungsfeld nutzbar gemacht; die Kompetenzen in Monitoring und Berichterstattung werden als Angebote für Bedarfe auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene in der Breite erschlossen; die Strukturen und Formate für Transfer und Wissensmobilisierung werden noch sichtbarer.

Inhaltlich stand am Abend des Festakts die aktuelle öffentliche Debatte „zwischen Migrationsbedarf und Migrationsabwehr“ im Mittelpunkt, deren Aushandlung unser Land in vielfacher Weise prägen wird: wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich – und nicht zuletzt in der Art und Weise, wie wir in Zukunft Migrationsforschung betreiben können. Teilnehmer*innen der Diskussion waren: Bundesministerin Lisa Paus, Saskia Esken, Prof. Dr. Herbert Brücker, Karen Taylor und Prof. Dr. Steffen Mau. Der Festakt fand im Rahmen der DeZIM-Jahreskonferenz zum Thema „Migrationsforschung in Zeiten multipler Krisen“ statt (27. & 28. September 2023).  

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