Was wissen wir über ältere Menschen mit Migrationshintergrund?

Eine neue DeZIM-Studie fasst nun den aktuellen Forschungsstand zur Lebenssituation älterer Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland zusammen.

Die Zahl älterer Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland nimmt zu. Damit wächst auch die Bedeutung dieser Gruppe für Politik und Gesellschaft. Doch über die Lebenssituation und soziale Lage älterer Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ist wenig bekannt. Die neue Research Note „Alter(n) und Migration in Deutschland“ des DeZIM-Instituts fasst nun den aktuellen Forschungsstand zur Lebenssituation älterer Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland zusammen. 
 
Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland sind im Durchschnitt deutlich jünger als die Bevölkerung ohne Migrationsgeschichte. Doch auch diese Gruppe wird älter. Entsprechend wächst der Anteil älterer Menschen mit Migrationshintergrund an der deutschen Bevölkerung. Waren im Jahr 2010 noch rund 1,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland über 65 Jahre alt, so waren es im Jahr 2020 bereits 2,2 Millionen. Damit machten sie zu diesem Zeitpunkt 12,8 Prozent der über 65-jährigen Bevölkerung aus. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Einwander*innen der ersten Generation, die in Deutschland alt geworden sind. Worin unterscheiden sie sich in ihrer Lebenssituation und sozialen Lage von der älteren, hierzulande geborenen Bevölkerung ohne Migrationsgeschichte? Die Research Note „Alter(n) und Migration in Deutschland“ von Susanne Bartig gibt einen Überblick über den Forschungsstand zu diesem Thema. Sie zeigt Ursachen für Unterschiede in den Lebensverhältnissen zu Gleichaltrigen ohne Migrationsgeschichte auf und identifiziert Forschungslücken.

„Die meisten Studien zu älteren Menschen mit Migrationsgeschichte konzentrierten sich bisher auf die zwei größten Gruppen von Einwander*innen in Deutschland: auf ältere Migrant*innen aus der sogenannten „Gastarbeitergeneration“, die seit den 1960er Jahren aus den damaligen Anwerbestaaten als Arbeitskräfte eingewandert sind, sowie auf (Spät-)Aussiedler*innen, die überwiegend in den 1990er Jahren nach Deutschland kamen“, sagt Susanne Bartig, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Integration am DeZIM-Institut. „Diese Studien zeigen, dass ältere Migrant*innen häufig eine niedrigere Rente erhalten als Gleichaltrige ohne Migrationserfahrung. Sie sind stärker von Armut bedroht, und oft sind sie auch gesundheitlich benachteiligt. Das gilt für die „Gastarbeitergeneration“ noch mehr als für (Spät-)Aussiedler*innen. Ihre konkrete Situation hängt jedoch von einer Vielzahl von Faktoren ab – darunter der Zuwanderungsgeschichte, dem Geburtsland, der Aufenthaltsdauer und dem rechtlichen Aufenthaltsstatus sowie von Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen.“

Senior*innen mit Migrationsgeschichte haben spezifische Ressourcen

Ältere Menschen sind auch im Alter mobil. Manche älteren Migrant*innen kehren in ihr Herkunftsland zurück. Andere sind erst im Alter ihren Kindern nach Deutschland gefolgt. Senior*innen, die es sich leisten können, pendeln zwischen Deutschland und dem Herkunftsland hin- und her. Obwohl sie mehr finanzielle und gesundheitliche Sorgen haben als ihre Altersgenoss*innen ohne Migrationsgeschichte, sind ältere Menschen mit Migrationshintergrund überraschenderweise nicht weniger mit ihrem Leben zufrieden als diese.

„Berichte und Studien zu älteren Menschen mit Migrationsgeschichte sind häufig defizitorientiert. Das spiegelt jedoch nicht die Vielfalt der älteren Bevölkerung mit Migrationsgeschichte wider“, sagt Prof. Dr. Magdalena Nowicka, Leiterin der Abteilung Migration am DeZIM-Institut. „Wir sollten die Potentiale älterer Menschen mit Migrationsgeschichte stärker in den Blick nehmen. Denn diese verfügen häufig über spezifische Ressourcen: Sie erfahren häufig familiäre Unterstützung, über Generationen und nicht selten sogar über Landesgrenzen hinweg. Es braucht mehr wissenschaftliche Forschung, um dieser Vielfalt der Erfahrungen und Lebenswelten stärker gerecht zu werden. Aber auch die Leistungen unseres Gesundheitssystems sollten stärker auf die wachsende kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt in Deutschland ausgerichtet werden. Denn allein die Zahl der über 60-jährigen Menschen mit Migrationshintergrund, die der Pflege bedürfen, wird sich Schätzungen zufolge zwischen 2013 und 2030 verdoppeln“.

Die DeZIM Research Note „Alter(n) und Migration in Deutschland“ wurde von Susanne Bartig verfasst und ist hier abrufbar.

ÜBER DAS DEZIM-INSTITUT

Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) forscht zu Integration und Migration, zu Konsens und Konflikten, zu gesellschaftlicher Teilhabe und zu Rassismus. Es besteht aus dem DeZIM-Institut und der DeZIM-Forschungsgemeinschaft. Das DeZIM-Institut hat seinen Sitz in Berlin-Mitte. In der DeZIM-Forschungsgemeinschaft verbindet sich das DeZIM-Institut mit sieben anderen Einrichtungen, die in Deutschland zu Migration und Integration forschen. Das DeZIM wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. 

Dr. Mathias Rodatz

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