Wissenschaftliche Einschätzungen zur
Bezahlkarte für Geflüchtete
In der aktuellen Debatte um die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete haben Expert*innen des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) ihre Einschätzung zu Wirkung und Folgen abgegeben.
Dr. Noa K. Ha, wissenschaftliche Geschäftsführerin des DeZIM-Instituts, äußerte sich dazu am Montag im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales. Darin kritisierte
sie die These von Pull-Faktoren und verwies auf aktuelle hochwertige Studien, die der Theorie von Staaten als „Wohlfahrtsmagneten“ widersprechen. Vielmehr werde dadurch die wechselhafte Dynamik von Migration – etwa die Situation im Herkunftsland, die Bedeutung demokratischer Strukturen und bestehender Community-Netzwerke im Zielland - ignoriert.
Dr. Noa K. Ha: „Die Diskussion um die Bezahlkarte stellt einen scheinbaren Zusammenhang von Migration und hohen Sozialleistungen her. Ein Zusammenhang,
der bei näherer Betrachtung wissenschaftlich nicht belegt werden kann.“
Prof. Dr. Herbert Brücker, Ökonom und Migrationsforscher aus der DeZIM-Forschungsgemeinschaft, warnt in einer ausführlichen Stellungnahme vor möglichen negativen Folgen der Bezahlkarte. Je nach Grad der räumlichen und sachlichen Beschränkung durch Länder und Kommunen könnten Chancen auf Mobilität, Kommunikation und sozio-kulturelle Teilhabe reduziert werden. Damit verbinden sich auch negative Wirkungen für die Integration in den Arbeitsmarkt, betonte Brücker und verwies auf den bundesweit steigenden Bedarf an Arbeits- und Fachkräften.
Prof. Dr. Herbert Brücker: „Die Einführung der Bezahlkarte wird sehr
wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Integration und Teilhabe haben,
nicht zu vernachlässigende Kosten für den Staat verursachen und ihr Ziel, die
Reduzierung der Fluchtmigration, verfehlen.“
Hintergrund: Wer Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz bezieht, soll diese künftig teilweise über eine Bezahlkarte erhalten können. Nach der Einigung von Bund und Ländern im Herbst haben nun auch die Regierungsfraktionen aus SPD, Grünen und FDP dafür gestimmt. Das Gesetz soll zeitnah in den Bundestag eingebracht werden.
Die ausführlichen Stellungnahmen finden Sie hier (Brücker) und hier (Ha).
Eine Aufzeichnung der Anhörung finden Sie hier.
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Angie Pohlers
Pressereferentin
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