Das DeZIM startet mit vier Partnerinstituten das bundesweite „Wissensnetzwerk Rassismusforschung“. Es soll die Forschung zu Rassismus in Deutschland stärken, vernetzen und sichtbarer machen.
Die Attentate von Hanau und Halle haben gezeigt, wie wichtig es ist, entschlossen gegen Rassismus und Rechtsextremismus vorzugehen. Vor diesem Hintergrund richtete die damalige Bundesregierung im März 2020 einen Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ein. Im Zuge dessen beschloss die Bundesregierung, die Forschung zu Rassismus und Rechtsextremismus stärker zu fördern, auszubauen und in der Hochschullandschaft zu verankern.
Die neue Bundesregierung setzt diesen Kurs fort. Auf dieser Grundlage hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seine Förderrichtlinie „Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus“ formuliert. In diesem Rahmen startet das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) unter der Leitung von Dr. Maha El-Hissy jetzt gemeinsam mit vier weiteren Partnern das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa).
Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung wird vom BMBF zunächst für fünf Jahre gefördert und vom DeZIM geleitet und koordiniert. Vier Regionalnetzwerke werden jeweils an der Universität Bielefeld (Netzwerk West), der Universität Mannheim (Netzwerk Süd), der Hochschule Magdeburg-Stendal (Netzwerk Ost) sowie der Bucerius Law School in Hamburg (Netzwerk Nord) etabliert.
„Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) soll die Forschung zu Rassismus in Deutschland stärken, vernetzen und sichtbarer machen“, sagt Prof. Dr. Maisha Auma, die an der Hochschule Magdeburg-Stendal lehrt und Sprecherin des WinRa-Regionalnetzwerks Ost ist. „Es soll diese Forschung an den Universitäten und Hochschulen etablieren, die Zusammenarbeit fördern, zivilgesellschaftliche Akteure einbinden und die Expertise verschiedener betroffener Communitys berücksichtigen. Wissenschaftler*innen, die zum Thema Rassismus forschen, brauchen hierzulande Karriereperspektiven. Sonst gehen sie ins Ausland, und ihre Expertise geht uns verloren.“
„Deutschland hat in Sachen Forschung zu Rassismus und rassistischer Diskriminierung Nachholbedarf“, sagt Prof. Dr. Mehrdad Payandeh. Er lehrt an der Bucerius Law School in Hamburg und ist Sprecher des WinRa-Regionalnetzwerks Nord. „Es bestehen kaum Forschungs- und Lehrstrukturen und kaum Angebote für Nachwuchswissenschaftler*innen, die sich mit diesem Thema befassen wollen. Das Wissensnetzwerk bietet die Chance, die bestehenden Forschungsansätze und Akteure zu vernetzen und damit auch den interdisziplinären Austausch zu fördern. Es soll Forschungslücken aufzeigen und der Frage nach dem Bedarf für eine stärkere Institutionalisierung der Rassismusforschung nachgehen. Dabei streben wir an, uns eng mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und Personen, die von Rassismus betroffen sind, auszutauschen und diese einzubeziehen.“
„Die Stärke des Netzwerkes liegt in der interdisziplinären Zusammensetzung und der methodischen Vielfalt, um Rassismus in Deutschland zu erforschen, ergänzt Prof. Dr. Irena Kogan. Sie ist Direktorin des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) und Sprecherin des WinRa-Regionalnetzwerks Süd. „Die Erkenntnisse der bereits vorhandenen deutschen Rassismusforschung müssen mit quantitativen Daten zu komplexen sozialen Lagen mit Blick auf rassistische Diskriminierung verbunden werden. Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) und die geförderten Forschungsprojekte sind hier ein wichtiger Meilenstein.“
„Das Thema Rassismus ist ein polarisierendes und sozusagen emotionalisierendes Thema“, sagt Prof. Dr. Paul Mecheril. Er lehrt an der Universität Bielefeld und ist Sprecher des WinRa-Regionalnetzwerks West. „Auch deshalb, im Sinne einer Versachlichung, ist es wichtig, die Infrastruktur im Forschungsfeld nachhaltig weiterzuentwickeln, so dass in guten Kooperations- und Zuständigkeitsstrukturen wissenschaftlich sowohl empirisch als auch grundlagentheoretisch Erkenntnisse geschaffen werden können. Das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) soll vor diesem Hintergrund auch den forschungsgeleiteten Austausch mit Politik und Stakeholdern aus der Praxis stärken, Empfehlungen für Hochschulen, Politik und Praxis entwickeln und Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Öffentlichkeit als Ansprechpartner dienen.“
„Wir freuen uns, dass das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) am DeZIM angesiedelt ist und wir hier wichtige Akteure der Rassismusforschung miteinander vernetzen können“, sagt Dr. Noa Ha, Wissenschaftliche Geschäftsführung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum institutionellen Ausbau einer deutschsprachigen Rassismusforschung und holen im internationalen Vergleich auf. Das DeZIM untersucht mit dem Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) seit 2020 Ursachen, Ausmaß und Folgen von Rassismus in Deutschland und bietet daher für WinRa eine exzeptionelle Forschungs- und Austauschumgebung.“
Aus der gleichen Förderrichtlinie ist am DeZIM auch das Teilprojekt „Datenarchivierung, Weiterentwicklung von Metadatenstandards und Community Outreach“ im Rahmen des „Datenportals für die Rassismus- und Rechtsextremismusforschung (DP-R|EX) angesiedelt. Es wird von Dr. Jörg Dollmann geleitet.