Geflüchtete Frauen aus der Ukraine: Zwischen Rückkehr und Ankommen

Abteilung Migration

Projektleitung: Dr. Ramona RischkeDr. Zeynep Yanaşmayan

Projektmitarbeitende: Dr. Jonna Rock

Laufzeit Juli 2022 bis Dezember 2022
Status Abgeschlossenes Projekt

Nach Beginn der russischen Angriffe in der Ukraine am 24. Februar 2022 haben zahllose Zivilist*innen das Land in einer fast beispiellosen Geschwindigkeit verlassen. Mit Stand April 2022 waren dem UNHCR zufolge bereits mehr als 5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Schätzungsweise 7,7 Millionen wurden innerhalb des Landes vertrieben. Während über 3 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine in Polen untergebracht waren, belief sich die Zahl der registrierten Geflüchteten in Deutschland auf etwa 600.000.

 

Die rechtliche Situation von Ukraine-Geflüchteten ist durch die EU-Massenzustroms-Richtlinie geregelt, die in § 24 des Aufenthaltsgesetzes in deutsches Recht umgesetzt wurde. Dieser Rechtsrahmen ermöglicht den Geflüchteten unter anderem unmittelbaren Zugang zu Arbeitsmarkt und Sozialleistungen, ohne das Asylsystem zu überlasten. Dennoch haben Vertreter*innen aus Praxis und Wissenschaft die Richtlinie kritisiert, gerade weil sie eine Übergangslösung darstellt. Daher würden sie Asylanträge nur hinauszögern und längerfristige gesellschaftliche Integrationsprozesse verzögern.

 

Vor dem Hintergrund dieser Debatten wollen wir in dieser Kurzstudie die aktuellen Entscheidungsprozesse ukrainischer Geflüchtete in Bezug auf ihre (Im-)Mobilität und ihre Rückkehrwünsche beleuchten. Aufgrund des dynamischen Charakters dieser jüngsten Bewegungen wissen wir bislang wenig über darüber. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach im Mai 2022 von täglich rund 20.000 Ukrainern, die allein von Polen aus wieder in ihr Heimatland zurückkehrten. Auch wenn solche Zahlen wichtige Anhaltspunkte liefern, sind sie weder repräsentativ noch sagen sie viel darüber aus, wie komplex die Überlegungen und Entscheidungsprozesse von (potenziellen) Rückkehrer*innen sind und wie sie mit Integrationsmaßnahmen und Unterstützungsbedarfen zusammenhängen.

 

In dieser Studie werden wir anhand von 40 qualitativen biografische Interviews mit Geflüchteten aus der Ukraine in Berlin und einer zweiten Stadt versuchen zu verstehen, wie sich der Ankunftszeitpunkt, unterschiedliche Familienkonstellationen, die Aufnahmebedingungen und der sozioökonomische Hintergrund auf (Im)Mobilität, Rückkehrwünsche sowie den aktuellen Unterstützungsbedarf auswirken. Indem wir uns auf zwei Städte unterschiedlicher Größe konzentrieren, möchten wir sowohl einen wissenschaftlichen als auch einen politischen Bedarf ansprechen. Die Wissenschaft konzentriert sich in der Regel auf die Erfahrungen in den Großstädten und vernachlässigt dabei mittelgroße Städte, so dass deren Unterstützungsstrukturen und lokale Integrationsbedürfnisse unerforscht bleiben. Auch auf politischer Ebene ist es oft schwieriger, für kleinen und mittelgroßen Städten eine nachhaltige "Verteilungspolitik" anzubieten. Indem wir uns auf Städte konzentrieren, in denen ukrainischstämmige Gemeinschaften gut etabliert sind, werden wir auch ein Verständnis für die Unterstützungssysteme und lokalen Netzwerke entwickeln, die staatliche Strukturen potenziell kompensieren können.

Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drittmittel)