Gewaltschutzmonitoring in Geflüchtetenunterkünften: Verbreitung, Auswertung und Verstetigung
Abteilung Konsens und Konflikt
Projektleitung: Dr. Friederike Römer , Prof. Dr. Sabrina Zajak
Projektmitarbeitende: Sifka Etlar Frederiksen , Dr. Maryam Rutner
Die aktuelle Fluchtbewegung im Zuge des Ukrainekrieges macht erneut deutlich, dass Unterbringung von Geflüchteten ein zentrales gesellschaftspolitisches Thema bleibt. Die Kernaufgabe der Unterkünfte ist der Schutz von Geflüchteten, allerdings ist das systematische Wissen über Gewaltschutz lückenhaft. Kontinuierliches Monitoring und ein tieferes Verständnis der Wirkmechanismen und Herausforderungen des Gewaltschutzes stellen hierbei zentrale Bestandteile der Qualitätssicherung und der Umsetzung der Mindeststandards dar. Hier setzt dieses Projekt an und baut auf früheren Projekten auf, in denen in partizipativen Konsultationsprozessen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Behörden und Betreibern sowie Evaluierungen mit Mitarbeitenden und Bewohner*innen ein onlinebasiertes modulares Gewaltschutzinstrument entwickelt wurde. Anschließend wurde das Tool an die spezifischen Rahmenbedingungen von sieben Bundesländern angepasst und in die Praxis übertragen. Dieses digitale Tool ist in Deutschland (aber auch mit Blick auf andere europäische Länder) bisher einzigartig. Dieses Projekt zielt nun darauf ab, die bestehenden Kooperationen mit den Bundesländern zu vertiefen, die Datenerhebungen in den einzelnen Unterkünften voranzutreiben sowie die so gewonnen Daten auszuwerten und ein Konzept für die bundesweite nachhaltige Verstetigung der Datennutzung vorzulegen. Auf dieser Grundlage sind quantifizierende, vergleichende Aussagen über die Umsetzung des Gewaltschutzes in deutschen Unterkünften möglich.
FAQ
Was ist der DeZIM-Gewaltschutzmonitor und wer betreibt ihn?
Der DeZIM-Gewaltschutzmonitor ist ein digitales Instrument zur Dokumentation der Umsetzung von Gewaltschutz in Geflüchtetenunterkünften. Den Landesaufnahmebehörden der jeweiligen Bundesländer fällt die Verwaltung zu: Sie stellen den Schutzmonitor den einzelnen Geflüchtetenunterkünften zur Verfügung, welche zur Nutzung auf den jeweiligen Landesserver zugreifen.
Was sind die technischen Voraussetzungen dafür?
Der Gewaltschutzmonitor wird über die jeweiligen Landesserver der Bundesländer zur Verfügung gestellt. Die technische Grundlage für das Hosting des DeZIM-Gewaltschutzmonitors bilden ein Vue.js1 Frontend, ein FastAPI2 Backend und eine PostgreSQL3 Datenbank. Die Applikation wird mit Hilfe von Docker bereitgestellt, sodass sie in verschiedenen Umgebungen installiert werden kann.
Was ist Monitoring?
Monitoring ist eine fest etablierte Praxis, die auf wiederholten Befragungen basiert, um Veränderungen von vorherrschenden Bedingungen und Prozessen festzuhalten. Die kontinuierliche und systematische Erfassung von Prozessen, schafft die Grundlage dafür, sie zu verstehen und zu verbessern. Die Daten können dazu beitragen, Probleme und Missstände sichtbar zu machen, aber auch erreichte Ziele. Basierend auf den Erkenntnissen können Maßnahmen und Handlungsansätze gegebenenfalls angepasst und verbessert werden.
Welchen Mehrwert bietet der Gewaltschutzmonitor?
Der Gewaltschutzmonitor ist ein Instrument, das die Umsetzung des Gewaltschutzes in Unterkünften dokumentiert und dadurch unterstützen kann. Es können Unterkunftsleitungen, Gewaltschutzkoordinator*innen und weiteres Personal den aktuellen Stand, Fortschritte oder Rückschritte, Verbesserungsbedarfe und Prioritätenbedarfe offenlegen. Durch die regelmäßige Erhebung von Daten können individuell für jede Unterkunft Entwicklungen im Gewaltschutz erkennbar gemacht werden, woraufhin Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen werden können.
An welchen Standards orientiert sich der DeZIM-Gewaltschutzmonitor?
Gemeinschaftsunterkünfte müssen sich präventiv mit Gewaltpotentialen und Bedrohungslagen auseinandersetzen. Hierfür hat die Bundesinitiative Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften Leitlinien entwickelt. Auf ihren „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ (kurz: „Mindeststandards“) basiert der DeZIM-Gewaltschutzmonitor.
Die Entstehung der Mindeststandards:
Die Bundesinitiative Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften wurde im Jahr 2016 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden und weiteren Akteuren ins Leben gerufen. Die von der Initiative entwickelten „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ sind verfügbar unter: www.gewaltschutz-gu.de/publikationen/mindeststandards
Welche Bundesländer haben den Gewaltschutzmonitor bisher implementiert und wer ist für diesen zuständig?
Der DeZIM-Gewaltschutzmonitor ist bisher in den Bundesländern, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein verfügbar. Die Zuständigkeit liegt bei dem jeweiligen Bundesland.
Woher bekomme ich weiterführendes Material zur Nutzung des Gewaltschutzmonitors?
Eine Anleitung zur Nutzung des Gewaltschutzmonitors finden Sie in Handreichungen (https://www.dezim-institut.de/publikationen/publikation-detail/der-digitale-dezim-gewaltschutzmonitor-fa-5472/).Für Informationsmaterial für Bewohner*innen bezüglich des Gewaltschutzmonitors wenden Sie sich bitte an Ihr zuständiges Landesministerium.
Was sind und machen Systemadministrator*innen?
Systemadministrator*innen sind in der Regel auf Ministeriums-Ebene des jeweiligen Bundeslandes angesiedelt. Sie sind zuständig für das Anlegen von Unterkunftsprofilen, von Profilen lokaler Administrator*innen und deren Verknüpfung mit den Unterkünften.
Wer sind und was machen lokale Administrator*innen?
Lokale Administrator*innen sind in der Regel die Einrichtungsleitung oder Gewaltschutzkoordinator*innen. Sie verfügen über Administrativrechte (erhalten von Systemadministrator*in) und erstellen und verwalten alle weiteren Nutzer*innenprofile. Außerdem liegt hier die Zuständigkeit für das Versenden der Fragebögen bzw. Erstellung der QR-Codes für Bewohner*innen sowie für die Auswertung und Interpretation der erhobenen Daten. Bei einer Änderung der Einrichtungsleitung muss ein weiterer Nutzer*innen-Account erstellt werden. Die Accounts sind nicht übertragbar. Eine unbefristete Nutzung der Unterkunfts-Admin-Accounts ist nicht möglich.
Wer sind und was machen Nutzer*innen?
Bei Nutzer*innen handelt es sich in der Regel um Gewaltschutzkoordinator*innen und weitere für den Gewaltschutz verantwortliche Mitarbeitende. Es können beliebig viele Nutzer*innenprofile angelegt werden. Sie können auf alle Daten, Visualisierungen und Fragebögen zugreifen und sind somit ebenfalls mitverantwortlich für die Auswertung und Interpretation der Daten. Nutzer*innen-Profile müssen allerdings nur dann angelegt werden, wenn Mitarbeitende die erhobenen Daten einsehen müssen. Die Fragebögen können auch ohne Profil ausgefüllt werden.
Können Gewaltvorfälle auch stetig erfasst werden – wenn sie passieren, oder nur einmal im Monat?
Die Fragebögen folgen einem festen Turnus. Belegungsdaten und Gewaltvorkommnisse werden monatlich erhoben, während Fragebögen zu den Mindeststandards quartalsweise durchgeführt werden. Bewohner*innen können kontinuierlich befragt werden. Dieser Turnus ist vorprogrammiert und kann derzeit nicht geändert werden.
Der Bewohner*innen-Fragebogen: Wofür QR-Codes und in welchen Sprachen ist der Fragebogen verfügbar?
Mit den QR-Codes kommen Bewohner*innen direkt zum Fragebogen und ihre Antworten werden direkt gespeichert. Um eine Teilnahme zu ermöglichen und zu unterstützen, müssen QR-Codes verteilt werden. Ein QR-Code funktioniert immer nur für eine Beantwortung des Fragebogens. Werbematerialien zur Information für Bewohner*innen können beim jeweiligen Landesministerium angefordert werden. Zum Start des Fragebogens für Bewohner*innen kann zwischen zehn unterschiedlichen Sprachen gewählt werden (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Persisch, Türkisch, Kurdisch, Ukrainisch, Russisch). Die Auswertungen der Antworten für die Unterkunft werden immer auf Deutsch angezeigt.
An wen kann ich mich wenden, wenn ich (technisch, inhaltlich) nicht weiterkomme?
Die Verantwortlichen für den Gewaltschutzmonitor sind die Landesministerien. Zudem wird einmal im Quartal eine Sprechstunde durch das DeZIM angeboten. Einladungen zu den Sprechstunden werden über die Landesministerien verbreitet.
Kontakt & Informationen
Der DeZIM-Gewaltschutzmonitor liegt in der Verantwortung der jeweiligen Landesministerien, die direkt kontaktiert werden sollen. Zudem bietet das DeZIM einmal im Quartal eine Sprechstunde für Fragen und Vernetzung der Nutzer*innen an. Die Einladungen zur nächsten Sprechstunde werden durch die Landesministerien verschickt.
Weitere online verfügbare Informationen
Projekt: Geflüchtete in Sammelunterkünften vor Gewalt schützen
Handreichung: "Wie der Gewaltschutzmonitor funktioniert und angewendet wird"
Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Institutionelle Förderung)
Kooperationspartner:
Kooperationspartner in diesem Projekt sind vor allem Praxispartner auf Bund- und Länderebene. Dazu zählen Landesaufnahmebehörden, Unterkünfte, Gewaltschutzkoordinator*innen sowie die Mitglieder der Bundesinitiative Gewaltschutz, insbesondere UNICEF und DIMR.