Globale Normen und lokale Praktiken – die Umsetzung des „Comprehensive Refugee Response Framework“ in Äthiopien
Abteilung Migration
Projektleitung: Dr. Ramona Rischke , Dr. Zeynep Yanaşmayan
Projektmitarbeitende: Dr. Marcus Engler , Dr. Samuel Zewdie Hagos
Seit 2015 zielen mehrere zwischenstaatliche Erklärungen und Abkommen darauf ab, eine Verbesserung der Migrationssteuerung, sowie einen auf humanitären Rechten basierenden Ansatz für die internationale “Governance” von Migration zu erzielen und Fragen der Verantwortungsteilung, insbesondere im internationalen Flüchtlingsschutz zu adressieren. Zu den wichtigsten Abkommen zählen die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs 2015), die New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten (2016), der Globale Pakt für Migration sowie der Globale Pakt für Flüchtlinge (2018). Während die allgemeinen Ziele dieser internationalen Abkommen unterstützungswürdig erscheinen, stellen sich zahlreiche der impliziten Politikmaßnahmen als nicht angemessen für verschiedene lokale Kontexte heraus. Bakewell (z.B. 2020) beispielsweise argumentiert überzeugend, dass sich eine "geordnete" Migration in verschiedenen Kontexten nicht als wohlfahrtssteigernd auswirken wird. Die Umsetzung internationaler Politiken auf lokaler Ebene kann darüber hinaus erhebliche Reibungsverluste und unbeabsichtigte Effekte verursachen, darunter Sekundärkonflikte und die Schwächung lokaler Unterstützungsstrukturen (z.B. Hagos 2018). Das vorliegende Projekt untersucht solche Externalitäten und potenzielle Diskrepanzen zwischen globalen Normen und lokalen Praktiken, indem es die lokalen Umsetzungsstrategien und Ergebnisse des sogenannten Comprehensive Refugee Response Framework (CRRF, deutsch: Umfassender Rahmenplan für Flüchtlingshilfemaßnahmen) sowohl für Geflüchtete als auch für die Aufnahmegesellschaft in Äthiopien analysiert.
Forschungsfragen:
Das CRRF war zunächst eine Ergänzung zur New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migrant*innen. Er hat vier Hauptziele: Verminderung des Drucks auf die betroffenen Aufnahmeländer, Stärkung der Eigenständigkeit von Geflüchteten, Erweiterung des Zugangs zu dauerhaften Lösungen in Drittstaaten, Förderung der Bedingungen für eine sichere und würdevolle Rückkehr in Herkunftsländer. Seit 2017 wird der CRRF in einer Reihe von Fluchtkontexten in mehr als einem Dutzend Ländern umgesetzt (siehe Nigusie & Carver 2019). Die Lehren, die aus diesen Ländern gezogen wurden, sind in den Globalen Pakt für Flüchtlinge eingeflossen, in welchem das CRRF formell aufgenommen wurde.
Das Projekt wird die Umsetzung der CRRF-bezogenen Politikmaßnahmen in Äthiopien (einem Land, in welchem das CRRF umgesetzt wurde) untersuchen. Mit dem Ziel, mögliche Diskrepanzen zwischen lokalen und globalen Normen, Politiken und Praktiken sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen innerhalb Äthiopiens zu verstehen, wird sich die Studie mit den folgenden Forschungsfragen befassen:
1) Wie konzeptualisieren die verschiedenen Akteure das CRRF in Bezug auf den Schutz von Geflüchteten und auf Integrationsprogramme?
2) Wie haben die Prozesse zur Umsetzung des CRRF bestehende lokale Initiativen zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen beeinflusst?
3) Wie beeinflussen die geopolitischen Interessen Äthiopiens den Schutz von Flüchtlingen und Asylsuchenden?
Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Institutionelle Förderung)
Kooperationspartner:
Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) und die Universität Gambella haben eine Absichtserklärung unterzeichnet und damit die Bedeutung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Forschungszentren anerkannt. Die Abteilung für Migration hat eine Arbeitsbeziehung mit der Universität Gambella in Äthiopien aufgebaut, um eine gemeinsame Feldforschung und Datenerhebung durchzuführen. Mit diesem Ansatz sollen sowohl die Ziele der Datenerhebung erreicht als auch die Bemühungen um die Einbeziehung von Institutionen aus dem globalen Süden in den Prozess der Wissensproduktion im Bereich der Migrationssteuerung unterstützt werden. Derzeit läuft die Datenerhebung in Zusammenarbeit mit der Universität Gambella. Darüber hinaus hat die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) die Möglichkeit geschaffen, auf vorhandene Daten zurückzugreifen, um an weiteren Entwürfen für Veröffentlichungen zu arbeiten.