NaDiRa-Kurzstudie: Antiziganismus in der Schule
Infrahumanisierung* und affektive Vorurteile als Ursachen für die Diskriminierung von Roma-Schüler*innen
Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor
- Sauro Civitillo
- Francesca Ialuna
- Philipp Jugert
- Gesundheitssystem
- Bildungssystem und Arbeitsmarkt
- Institutioneller Rassismus
- Umgang mit Rassismuserfahrungen
- Teilhabe und Medien
- Rassistische Ideologien und Einstellungen
Projektteam:
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Projektbeschreibung:
Werden Rom*nja in der Schule diskriminiert und wenn ja, aus welchen Gründen? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir untersucht, wie Lehramtsstudierende über die Minderheit denken und wie sie Schüler bewerten, die ihr angehören. Für unsere Studie haben wir über 200 Lehramtsstudierende verschiedener Universitäten in Deutschland online befragt.
*Infrahumanisierung ist eine Form der Diskriminierung, bei der einer Gruppe bestimmte Fähigkeiten des Empfindens abgesprochen werden. Sie basiert häufig auf gängigen rassistischen Stereotypen, die diese Gruppe als "unzivilisiert" charakterisieren.
Die Teilnehmenden sollten für insgesamt 22 verschiedene, männliche Schülerprofile ihre Empfehlung für eine weiterführende Schule angeben. Die Schülerprofile unterschieden sich ausschließlich hinsichtlich der Namen und der ethnischen Selbst-Identifikation als Rom, Türke, Deutsch-Türke oder Deutscher. Insbesondere waren die Leistungsprofile zwischen den Gruppen im Mittel identisch.
Die Lehramtsstudierenden empfahlen die Rom-Profile am häufigsten für die Hauptschule, gefolgt von den Profilen von Türkeistämmigen und Schülern ohne Migrationsgeschichte. Hingegen bekamen Schüler ohne Migrationsgeschichte am häufigsten eine Gymnasialempfehlung, gefolgt von Türkeistämmigen und Roma. Diese Empfehlungsmuster sprechen für eine Diskriminierung von Roma und schwächer auch von Türkeistämmigen gegenüber Schülern ohne Migrationsgeschichte.
Um die Ursachen der Diskriminierung zu verstehen, analysierten wir zudem, inwiefern Infrahumanisierung und Vorurteile mit der Tendenz zusammenhängen, Roma und Türkeistämmigen schlechtere Bildungsempfehlungen zu geben als Schülern ohne Migrationsgeschichte. Wir fanden einen Zusammenhang zwischen affektiven Vorurteilen und Diskriminierung: Lehramtsstudierende, die auf unserem "Gefühlsthermometer" angaben, Rom*nja weniger "warme" Gefühle entgegenzubringen, diskriminierten Roma-Schüler auch eher bei Bildungsempfehlungen.
Überraschende Einsichten:
Als wir die psychologischen Triebkräfte der Diskriminierung durch Lehrpersonal untersuchten, zeigte sich: Entgegen unserer Hypothese kann Infrahumanisierung von Rom*nja und Türkeistämmigen nur einen unbedeutsamen Anteil der Diskriminierung erklären. Stattdessen können affektive Vorurteile Diskriminierung deutlich besser erklären.
Bedeutung für die Praxis:
Bildungsempfehlungen sind von zentraler Bedeutung für den weiteren Bildungsweg und Berufserfolg von Schüler*innen. Um an diesem wichtigen Punkt zu verhindern, dass Schüler*innen mit Migrationsgeschichte und BPIoC Schüler*innen diskriminiert werden, muss sich die universitäre Lehramtsausbildung stärker mit Bildungsgerechtigkeit in der Migrationsgesellschaft auseinandersetzen. Die bestehenden Curricula sollten dringend auf ihre Wirksamkeit diesbezüglich untersucht werden.
Kurzstudien zur Vorbereitung des Rassismusmonitors:
Um einen umfassenden Rassismusmonitor vorzubereiten, rief das DeZIM im Jahr 2020 Wissenschaftler*innen aus der DeZIM-Forschungsgemeinschaft dazu auf, innovative Studienideen zu entwickeln. Diese sollten bestehende Forschungsprojekte erweitern, neue und innovative Ansätze verfolgen oder eine Infrastruktur aufbauen, um Rassismus zu erforschen. Bis 2021 führten über 120 Wissenschaftler*innen an den sechs Standorten der DeZIM-Forschungsgemeinschaft insgesamt 34 Kurzstudien durch. Diese gliedern sich in sechs thematische Schwerpunkte:
Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drittmittel)