NaDiRa-Kurzstudie: Erwerbsarbeit, Gender und Rassismus

Geschlechtsspezifischer Rassismus am deutschen Arbeitsmarkt – eine qualitative Pilotstudie zu den Auswirkungen auf die Erwerbsteilhabe geflüchteter Musliminnen und Women of Color

Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor

Laufzeit Oktober 2020 bis Dezember 2020
Status Abgeschlossenes Projekt

Projektteam:

  • Katrin Menke
  • Cora Wernerus

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Projektbeschreibung: 

Das Forschungsprojekt beleuchtet, welche Erfahrungen mit geschlechtsspezifischem Rassismus geflüchtete muslimische und Schwarze Frauen am deutschen Arbeitsmarkt machen. Darüber hinaus interessierte uns, inwieweit Arbeitsmarkt- und Asylpolitik dazu beitragen, dass von Rassismus betroffene Frauen ein- bzw. ausgeschlossen werden.

Ergebnisse:

Geflüchtete Frauen, die Arbeitsvermittlungs-Angebote in Anspruch nehmen, treffen auf verschiedene lokale Akteure, etwa die öffentliche Arbeitsmarktverwaltung, Träger von Arbeitsmarktmaßnahmen und Ausländerbehörden. Diese Akteure adressieren sie sexistisch-rassifizierend. Die Frauen werden als unselbstständige Abhängige im Kontext normativer Familienverhältnisse konstruiert. Muslim*innen begegnen darüber hinaus religiöse Kulturalisierungen, die sich insbesondere am Kopftuch festmachen. Im Ergebnis werden geflüchtete Musliminnen und Women of Color entweder in die Privatsphäre gedrängt oder für weiblich abgewertete, prekäre Erwerbsarbeit aktiviert. Sanktionierungsmechanismen, ein Instrument des aktivierenden Sozialstaates, spielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Rassismus erscheint in der Arbeitsmarktvermittlung nicht als individuelles Fehlverhalten, sondern als strukturell angelegte behördliche Praxis.

Überraschende Einsichten:

In der deutschsprachigen Rassismusforschung fehlt bislang eine explizite und systematische Genderperspektive. Eine solche Perspektive ist aber notwendig, um Rassismus spezifisch und kontextabhängig erforschen und angemessen erfassen zu können.

Darüber hinaus zeigte sich, dass nicht nur der Arbeitsmarkt, sondern auch (sozial-)staatliche Behörden und die Zivilgesellschaft rassistische Ungleichheiten hervorbringen. Diese Einsicht ist in der Sozialpolitik-Forschung, die den Sozialstaat primär als Ausgleich für wettbewerb- oder arbeitsmarktbedingte soziale Ungleichheiten betrachtet, bislang kaum verbreitet.

Bedeutung für die Praxis:

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Aus empirisch fundiertem Wissen darüber, wie sich Rassismus auf die Arbeitsmarktteilhabe von Schwarzen Frauen und Frauen of Color auswirkt, lassen sich Handlungsempfehlungen für die Arbeitsverwaltung ableiten und umsetzen. Darüber hinaus können politische Akteure und Entscheidungsträger*innen in Ministerien, Parlamenten und Parteien dafür sensibilisiert werden, dass Ein- und Ausschlüsse von Menschen am Arbeitsmarkt mit geschlechtsspezifisch-rassistischem Handeln in der Arbeitsverwaltung zusammenhängen. Schließlich können zivilgesellschaftliche Verbände und Migrant*innenselbstorganisationen unsere Forschungsergebnisse nutzen.

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Kurzstudien zur Vorbereitung des Rassismusmonitors:

Um einen umfassenden Rassismusmonitor vorzubereiten, rief das DeZIM im Jahr 2020 Wissenschaftler*innen aus der DeZIM-Forschungsgemeinschaft dazu auf, innovative Studienideen zu entwickeln. Diese sollten bestehende Forschungsprojekte erweitern, neue und innovative Ansätze verfolgen oder eine Infrastruktur aufbauen, um Rassismus zu erforschen. Bis 2021 führten über 120 Wissenschaftler*innen an den sechs Standorten der DeZIM-Forschungsgemeinschaft insgesamt 34 Kurzstudien durch. Diese gliedern sich in sechs thematische Schwerpunkte:

  • Gesundheitssystem
  • Bildungssystem und Arbeitsmarkt
  • Institutioneller Rassismus
  • Umgang mit Rassismuserfahrungen
  • Teilhabe und Medien
  • Rassistische Ideologien und Einstellungen

Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drittmittel)