NaDiRa-Kurzstudie: Rassismus in der Kita

Institutioneller Rassismus in Kindertageseinrichtungen

Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor

Projektleitung: Dr. Seyran Bostancı

Laufzeit Oktober 2020 bis Dezember 2020
Status Abgeschlossenes Projekt

Projektteam:

  • Seyran Bostanci
  • Elizabeth Berman
  • Bastian Neuhauser
  • Christina Biel

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Projektbeschreibung:

Kitas sollen Bildungsgerechtigkeit fördern – so die idealistische Erwartung an frühkindliche Bildung. Aber gilt das Versprechen für alle? Das Forschungsprojekt untersucht, wie institutioneller Rassismus in Kitas entsteht und verhandelt wird. Dabei konzentriert es sich auf die Erfahrungen von Eltern sowie auf die Strategien, mit denen sie und auch die Kitas selbst mit Rassismus-Erfahrungen umgehen.

Ergebnisse:

Unsere Interviews mit betroffenen Eltern und Expert*innen in Berlin zeigen: Bereits in Kitas machen junge Menschen Rassismus-Erfahrungen. Familien berichten zum einen, dass Bücher und anderen (Spiel-)Materialien die gesellschaftliche Pluralität nicht abbilden. Dadurch lernen Kinder die tatsächliche Vielfalt an möglichen Identitäten und Lebensformen nicht kennen und ihnen fehlen Identifikationsfiguren.

Zum anderen manifestiert sich institutioneller Rassismus in Form von Wissensbeständen.

Ferner zeigt sich, dass Kitas das diskriminierungskritische Engagement von Eltern teilweise aktiv unterbinden und rassistische Vorfälle herunterspielen. In manchen Fällen hatten Kitas als Reaktion auf eine Beschwerde das Betreuungsverhältnis gekündigt.

Überraschende Einsichten:

Bei Diskriminierung in der frühkindlichen Bildung spielt auch der Mangel an Kitaplätzen eine Rolle. Dadurch werden Abhängigkeiten intensiviert, die es Eltern erschweren, gegen Rassismus vorzugehen. Sie wägen ab, wann es sich lohnt, Konflikte auszutragen. Elterliche Strategien können auch sein, Vorfälle herunterzuspielen oder die Kita zu wechseln.

Überrascht hat uns vor allem: Kitas haben das Recht, den Vertrag mit einer Familie zu kündigen, wenn Eltern sich über Rassismus-Erfahrungen beschweren – denn Kitas können sich auf die Begründung berufen, dass durch die Beschwerde das Vertrauensverhältnis beschädigt sei. Statt diskriminierende Pratiken abzubauen, werden Familien aktiv ausgeschlossen.

Bedeutung für die Praxis:

Unsere Ergebnisse liefern eine Grundlage, um Fortbildungsmodule für Erzieher*innen und Kita-Leitungen zu entwickeln, insbesondere für die Zusammenarbeit mit Familien in Kindertageseinrichtungen. Darüber hinaus können Bildungsorganisationen und andere Akteur*innen unsere Erkenntnisse nutzen, um Forderungen an die Politik zu formulieren, beispielsweise nach einem wirksamen Beschwerdemanagement in der frühkindlichen Bildung.

Publikationen & Präsentationen:

Medienberichte:

Kurzstudien zur Vorbereitung des Rassismusmonitors:

Um einen umfassenden Rassismusmonitor vorzubereiten, rief das DeZIM im Jahr 2020 Wissenschaftler*innen aus der DeZIM-Forschungsgemeinschaft dazu auf, innovative Studienideen zu entwickeln. Diese sollten bestehende Forschungsprojekte erweitern, neue und innovative Ansätze verfolgen oder eine Infrastruktur aufbauen, um Rassismus zu erforschen. Bis 2021 führten über 120 Wissenschaftler*innen an den sechs Standorten der DeZIM-Forschungsgemeinschaft insgesamt 34 Kurzstudien  durch. Diese gliedern sich in sechs thematische Schwerpunkte: (1) Gesundheitssystem, (2) Bildungssystem und Arbeitsmarkt, (3) Institutioneller Rassismus, (4) Umgang  mit Rassismuserfahrungen, (5) Teilhabe und Medien sowie (6) Rassistische Ideologien und Einstellungen.

Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drittmittel)

Kooperationspartner:

Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM);

Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin