NaDiRa-Kurzstudie: Solidarität in der Pandemie

Solidarität mit allen? Intergruppen-Hilfeverhalten in Zeiten von Corona

Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor

Laufzeit Oktober 2020 bis Dezember 2020
Status Abgeschlossenes Projekt

Projektteam:

  • Ruta Yemane
  • Jonas Rees
  • Ralf Wölfer
  • Susanne Veit
  • Hannah Arnu
  • Lara Aithal

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Projektbeschreibung:

Das Projekt untersuchte, ob in der Corona-Pandemie allen Mitgliedern der Gesellschaft dasselbe Maß an Solidarität entgegengebracht wird. Dafür sind wir folgenden Fragen nachgegangen: Erhalten marginalisierte Gruppen genauso viel Hilfe aus der Nachbarschaft wie Angehörige der Mehrheitsgesellschaft? Wirkt es sich auf das Hilfeverhalten aus, wenn Menschen vermuten, dass sie sich bei bestimmten Personen eher anstecken können als bei anderen? Lassen sich in der Corona-Krise, die besonders antiasiatische rassistische Narrative hervorgebracht hat, auch entsprechende neue ethnische Hierarchien im Hilfeverhalten beobachten? Welche Rolle spielt Ingroup-Favoritism (die Tendenz von Menschen, Mitglieder ihrer eigenen Gruppe zu bevorzugen) bei der angebotenen Hilfe?

Ergebnisse:

Im Rahmen eines bundesweiten Feldexperiments haben wir verschiedene fiktive Hilfegesuche in elf deutschen Großstädten verteilt. So wollten wir gruppenspezifisches Hilfeverhalten gegenüber deutsch, türkisch und chinesisch gelesenen Namen untersuchen. Die Auswertung zeigt, dass die Testperson mit deutschem Namen die meisten Hilfsangebote erhielt (Angelika Schneider, n = 298). Die zweitmeisten Rückmeldungen bekam die chinesische Testperson (Xiu Ying, n = 244), am wenigsten erhielt die türkische Testperson (Ayse Yilmaz, n = 227). Mehr als 500 Menschen haben an der Nachbefragung teilgenommen, zu der wir alle Personen, die sich auf das Hilfegesuch gemeldet hatten, im Zuge einer Aufklärungsbenachrichtigung eingeladen hatten.

Überraschende Einsichten:

Wir konnten ein hohes Maß an prosozialem Verhalten feststellen: Mehr als jedes dritte Hilfegesuch wurde beantwortet. Allerdings zeigten sich deutliche Nachteile für ethnische Minderheiten: Frauen mit deutsch klingendem Namen erhielten signifikant mehr Hilfsangebote als Frauen mit einem türkisch oder chinesisch klingendem Namen. Insgesamt haben deutlich mehr Frauen (71 %) Hilfe angeboten als Männer. In der Nachbefragung wurde deutlich, dass sich die Helfer*innen durch hohe Empathiewerte auszeichnen. 

Publikationen & Präsentationen:

DeZIMinutes #3 - Solidarität mit allen? Hilfeverhalten gegenüber Angehörigen ethnischer Minderheiten in Zeiten von CoronaLara Aithal, et al. (2021)

Ruta Yemane, Hannah Arnu: Solidarität mit allen? Intergruppen-Hilfeverhalten in Zeiten von CoronaPräsentation beim digitalen Kolloquium „Soziologische Perspektiven auf die Corona-Krise“ des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, 10.02.2021

Medienberichte:

Lisa Duhm: Benachteiligung von Migranten – Warum Ayse in der Pandemie weniger Hilfe bekommt als Angelika. SPIEGEL, 03.04.2021

Kurzstudien zur Vorbereitung des Rassismusmonitors:

Um einen umfassenden Rassismusmonitor vorzubereiten, rief das DeZIM im Jahr 2020 Wissenschaftler*innen aus der DeZIM-Forschungsgemeinschaft dazu auf, innovative Studienideen zu entwickeln. Diese sollten bestehende Forschungsprojekte erweitern, neue und innovative Ansätze verfolgen oder eine Infrastruktur aufbauen, um Rassismus zu erforschen. Bis 2021 führten über 120 Wissenschaftler*innen an den sechs Standorten der DeZIM-Forschungsgemeinschaft insgesamt 34 Kurzstudien durch. Diese gliedern sich in sechs thematische Schwerpunkte:

  • Gesundheitssystem
  • Bildungssystem und Arbeitsmarkt
  • Institutioneller Rassismus
  • Umgang mit Rassismuserfahrungen
  • Teilhabe und Medien
  • Rassistische Ideologien und Einstellungen

Förderung: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drittmittel)