Werthaltungen Geflüchteter und einheimischer Bevölkerung in Deutschland

Im Zentrum der politischen Debatte über die Aufnahme Geflüchteter steht häufig die Frage nach kulturellen Unterschieden, insbesondere unterschiedlicher Werthaltungen, die im Verdacht stehen, die Integration der Neuankommenden zu erschweren. Prinzipiell können soziologische Theorien zu Werten die Annahme stützen, dass unterschiedliche Werthaltungen in bestimmten Bereichen des sozialen Lebens zu Konflikten führen, beispielsweise wenn es um Fragen von Religion und Gleichberechtigung geht. Empirische Erkenntnisse zu den Werthaltungen von Menschen, die in jüngster Zeit nach Europa geflüchtet sind, liegen bislang jedoch kaum vor. Die vergleichende Werteforschung der vergangenen Jahre lässt vermuten, dass Migrant*innen aus nicht-westlichen Ländern über grundsätzlich andere Wertvorstellungen verfügen als die einheimische Bevölkerung vieler europäischer Länder. Im Gegensatz dazu geht die Akkulturations- und Assimilationsforschung davon aus, dass Werthaltungen keine statischen Konstrukte sind, sondern Veränderungen und Transformationen auch innerhalb vergleichsweise kurzer Zeiträume unterliegen. Die vorliegende Studie untersucht daher Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Werthaltungen Geflüchteter und der einheimischen Bevölkerung in Deutschland hinsichtlich liberal-demokratischer und emanzipatorischer Werte sowie Säkularismus. Grundlage der Studie sind Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung, einer repräsentativen Längsschnittstudie mit Geflüchteten in Deutschland, und des World Values Survey. Die Ergebnisse zeigen, dass Geflüchtete aus nahezu allen untersuchten Ländern den meisten Werten eher stärker zustimmen als die einheimische Bevölkerung.