Wann: 01. Februar 2024, 18 – 20 Uhr
Wo: DeZIM-Institut, Mauerstraße 76, 10117 Berlin (DeZIM.Saal, 3. OG)
Am 1. Februar organisierte der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa), gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), eine Diskussionsrunde zum Thema: Die Kita als umkämpftes Feld: Selektionsprozesse beim Zugang zur Kita” am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung.
Vor einem breiten (Fach)Publikum präsentierte die Sozialwissenschaftlerin Dr. Seyran Bostancı die Ergebnisse einer NaDiRa-Studie zu Institutionellem Rassismus in der Kindertagesbetreuung mit dem Titel: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Tröpfchen? Rassistische Selektionsprozesse beim Zugang zu Kita”. Die Keynote beleuchtete eindrücklich, wie institutionelle Logiken und Handlungspraktiken zu rassistischen Ausschlussprozessen führen können und über welche bewussten oder unbewussten Strategien diese (z.B. durch Leitungskräfte) gerechtfertigt werden. Kitas sind in vielerlei Hinsicht umkämpft: Es besteht ein erheblicher Fachkräftemangel und es gibt immer noch wesentliche Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Einrichtungen. Die Verfügbarkeit von Kitaplätzen ist begrenzt, und die Nachfrage übersteigt das Angebot. Gemäß dem Prinzip "Wer hat, dem wird gegeben" werden besonders deutschsprachige bildungsbürgerliche Familien, denen kein Migrationshintergrund zugeschrieben wird, beim Zugang zur Kita privilegiert, während rassistisch markierte Kinder benachteiligt werden. Ein adultistischer und oftmals romantisierender Blick auf Kindheit übersieht jedoch allzu oft, dass solche gesellschaftlichen Ungleichverhältnisse auf Kinder und Kindheit in frühkindlichen Bildungseinrichtungen wirken.
Im Anschluss moderierte Dr. Seyran Bostancı eine Podiumdsdiskussion mit Expertinnen aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung mit anschließender Diskussion. Die vielfältigen Perspektiven der eingeladenen Gästinnen, darunter Aida Kiflu (Kindheitspädagogin und Leiterin der ökumenischen Kita Killersberg, Stuttgart), Susanne Blasberg-Bense (Dezernentin für Jugend, Familie und Bildung in der Landeshauptstadt Hannover), Petra Wagner (Leitung der Fachstelle Kinderwelten Kinderwelten) sowie Nora Damme (Leitung des Referats "Ausbau der Kinderbetreuung, Bundesprogramme, Fachkräfte" im BMFSFJ), betonen die Wichtigkeit eines diskriminierungskritischen Blicks auf das umkämpfte Feld der Kindertagesbetreuung.
In der Diskussion wurden Lösungsansätze wie die Schaffung unabhängiger und niedrigschwelliger Antidiskriminierungs- und Beschwerdestellen, eine verstärkte und einfachere Einbindung von Fachkräften mit nichtdeutschen Bildungsabschlüssen sowie notwendige finanzielle Ressourcen gefordert. Deutlich wurde auch, dass Perspektiven und Erfahrungsräume von Kindern selbst zukünftig stärker in den Fokus gerückt werden müssten. Um rassistischen Ungleichheiten in Kitas nachhaltig zu begegnen, sind ganzheitliche Ansätze notwendig. Maßnahmen müssen dabei sowohl die interpersonale, die institutionelle als auch die strukturelle Ebene umfassen.
Die Veranstaltung machte deutlich:
"Vielfalt ist kein Selbstläufer. Es bedarf konkreter Diskriminierungsschutzmaßnahmen, um den Zugang und die Bildungsbeteiligung für alle Kinder zu gewährleisten. Dafür sind strukturelle und institutionelle Transformationsprozesse auf allen Ebenen notwendig." (Dr. Seyran Bostancı)