Arm trotz Vollzeitjob – Rassismus verstärkt Armutsgefährdung 

Der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor zeigt das Armutsrisiko für Schwarze, asiatische und muslimische Menschen.

Unter dem Titel „Grenzen der Gleichheit: Rassismus und Armutsgefährdung“ ermöglicht der neue Kurzbericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) erstmals eine Analyse der Armutsgefährdung dreier rassistisch markierter Gruppen in Deutschland: Schwarze, asiatische und muslimische Menschen.

Von Januar bis März 2022 erfassten die Wissenschaftler*innen im Rahmen einer repräsentativen Befragung (NaDiRa.panel) die Daten von 21.000 Personen, um Einstellungen und Erfahrungen von Menschen in Deutschland zu untersuchen. 

Zentrale Ergebnisse: 

  1. Rassistisch markierte Menschen haben ein höheres Armutsrisiko als nicht rassistisch markierte Menschen: Während die Armutsgefährdungsquote bei nicht rassistisch markierten Männern bei 9 % bzw. bei Frauen bei 10 % liegt, trifft dies bei 26 % der Schwarzen Männer und Frauen, bei 30% bzw. 26 % der asiatischen Männer und Frauen sowie bei 41 % bzw. 38 % der muslimischen Männer und Frauen zu. 
  2. Hohe Bildung und eine Erwerbstätigkeit schützen rassistisch markierte Menschen weniger als nicht rassistisch markierte Menschen vor Armutsgefährdung: Die Gefahr, trotz Vollzeiterwerbstätigkeit unter der Armutsschwelle zu leben, ist bei Schwarzen Frauen (22 %), muslimischen Männern (21 %) und asiatischen Männern (19 %) etwa viermal höher als bei nicht rassistisch markierten Männern und Frauen (5 %). 
  3. Der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft kann das Armutsrisiko senken: Dieser Zusammenhang lässt sich in allen Gruppen feststellen, wobei er sich besonders bei Schwarzen Frauen sowie bei Schwarzen und asiatischen Männern herauskristallisiert. 

 

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2022 14,8 % aller in Deutschland lebenden Menschen armutsgefährdet. Derartige Berichte berücksichtigen zwar den Migrationshintergrund, nicht aber Rassismus und Mehrfachdiskriminierung. 

Die NaDiRa-Daten ergänzen die Armutsforschung um diese Perspektive, indem sie zeigen: Eine Differenzierung allein nach Migrationshintergrund reicht nicht aus, weil die Analyse nach rassistisch markierten Gruppen zeigt, dass die Unterschiede zwischen den Gruppen differenziert sind und sich z.T. erheblich vergrößern. Um eine gerechtere Teilhabe aller Gruppen zu gewährleisten, müssen Benachteiligungsprozesse berücksichtigt werden.

Der Direktor des DeZIM-Instituts, Prof. Dr. Frank Kalter

„In Deutschland fehlt bislang eine quantitative Analyse zur Rolle von Rassismus beim Armutsrisiko. Der Rassismusmonitor deckt auf: trotz Vollzeitarbeit sind jeder fünfte muslimische Mann, jede fünfte asiatische Frau und jede fünfte Schwarze Frau in Deutschland von Armut bedroht. Es ist nicht zu übersehen, wie eng strukturelle und institutionelle Formen von Rassismus mit einem erhöhten Armutsrisiko verbunden sind.“ 

Die Leiterin des Nationalen Diskriminierungs-& Rassismusmonitors, Prof. Dr. Zerrin Salikutluk

„Um das erhöhte Armutsrisiko rassistisch markierter Menschen zu verringern, müssen rassistische Strukturen und Diskriminierungen in verschiedenen Bereichen wie dem Bildungssystem, dem Arbeitsmarkt, dem Gesundheitssystem und dem Wohnungsmarkt umfassend abgebaut werden. Es geht nicht nur darum, gleiche Bildungschancen und berufliche Qualifikationen für alle zu gewährleisten, sondern auch darum, ausländische Bildungs- und Berufsabschlüsse anzuerkennen. Bildung und Arbeit muss sich für alle gleichermaßen lohnen.“ 

Die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, kommentiert den Kurzbericht: 

„Rassismus macht arm und es ist ein Skandal, dass ein hoher Bildungsabschluss oder Vollzeit-Arbeit nicht alle Menschen gleichermaßen vor Armut schützen. Egal wie sehr sich von Rassismus betroffene Menschen anstrengen, wieviel sie arbeiten - Chancengleichheit erreichen sie dadurch noch nicht. Darum müssen wir Rassismus auf allen Ebenen bekämpfen, an die Strukturen ran, die auch am Arbeitsmarkt rassistisch diskriminieren. Und wir müssen bei allen Anstrengungen immer die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen. Dafür habe ich das größte Netzwerk community-basierter Beratungs- und Anlaufstellen in Deutschland aufgebaut, für alle, die Rassismus erfahren.“ 

Die ausführlichen Ergebnisse finden Sie unter: https://www.rassismusmonitor.de/publikationen/rassismus-und-armutsgefaehrdung 

Pressekontakt 

Angie Pohlers
Pressereferentin
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