Wollen Israelis noch Deutsche werden?
Die Aushandlung abstammungsbedingter deutscher Staatsbürgerschaft vor dem Hintergrund historischer und aktueller Politik in Deutschland und Israel
Abteilung Migration
Projektleitung: Dr. Lukas M. Fuchs , Dr. Ramona Rischke , Dr. Zeynep Yanaşmayan
Das Forschungsprojekt verbindet zwei zentrale Schwerpunkte: (1) Die mögliche Inanspruchnahme der sogenannten Wiedergutmachungseinbürgerung nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz oder § 15 Staatsangehörigkeitsgesetz, also der Wiedereinbürgerung israelischer Staatsbürger*innen infolge des unrechtmäßigen Staatsbürgerschaftsentzugs oder der Verfolgung der deutsch-jüdischen Vorfahren. (2) Die Auseinandersetzung der Beantragenden mit der eigenen Verortung und Zugehörigkeit zwischen Israel und Deutschland sowie dem kulturellen Erbe der aus Deutschland vertriebenen oder während der Shoah ermordeten Vorfahren.
Das Projekt setzt sich anhand qualitativer Interviews mit Bewerber*innen um die Wiedergutmachungseinbürgerung explorativ mit israelisch-deutsch-jüdischen Wahrnehmungen von Selbst, Gemeinschaft und Zugehörigkeit auseinander. Wir gehen davon aus, dass Juden*Jüdinnen bei einer Einbürgerungs- und Migrationsentscheidung nach Deutschland, wie andere Gruppen von Migrant*innen auch, aufgrund der nationalsozialistischen Geschichte aber besonders komplexe und hybride Identifikationsprozesse durchleben. Diese können bspw. die eigene ethnische Zugehörigkeit oder das kulturelle Erbe der Vorfahren berühren. Darüber hinaus wollen wir ergründen, wie die Auseinandersetzung mit der abstammungsbedingten Staatsbürgerschaft und einem möglichen daran anschließenden Umzug, die Verortung der Antragstellenden zwischen Herkunfts- und Zielland beeinflusst.
Forschungsfragen:
1) Wie denken Israelis über die Möglichkeit der deutschen Staatsbürgerschaft und was bewegt sie zu einer Inanspruchnahme? Hier interessieren wir uns insbesondere für die Rolle von politischen Umständen in der Region, innerhalb Israels und in Deutschland.
2) Wie verhandeln israelische Antragsteller*innen ihre jüdische Identität und wie navigieren sie ihre jüdische Verortung zwischen Israel und Deutschland? Hier werden wir insbesondere die Rolle des kulturellen Erbes der eigenen deutsch-jüdischen Familie, die oft selbst eine Erst-, Zweit- oder Dritthanderfahrung dazu besitzen, in Deutschland gelebt zu haben, berücksichtigen.
3) Wie verändern sich Migrationsmotive und Meinungen zu Deutschland und/oder Israel sowie Selbstdefinitionen und –identifikationen nach einem Fortzug aus Israel, bzw. einem Zuzug nach Deutschland?
Förderung: Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Institutionelle Förderung)