Die aktuelle Debatte über Syrer*innen in Deutschland reduziert sich auf Rückkehrmöglichkeiten und Schutzaberkennung. Dabei verkennt sie die bemerkenswerte Integrationsleistung vieler Syrer*innen und dass sie zu einem wichtigen Teil der deutschen Gesellschaft geworden sind.
Die Einbürgerungszahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2023 stellten Syrer*innen ein Drittel aller Neueingebürgerten in Deutschland. Im Vergleich zu 2021 hat sich ihre Zahl versiebenfacht, zu 2022 verdoppelt. Mittlerweile wurden über 163.000 Personen eingebürgert – und zwar im Durchschnitt nach nur 6,8 Jahren. Dies ist in der Regel nur durch besondere Integrationsleistungen möglich. Daraus folgt: Eingebürgerte – und daher höchstwahrscheinlich beschäftigte – Syrer*innen werden in aktuellen Beschäftigungsstatistiken als Deutsche und nicht mehr als Syrer*innen geführt.
Auch unabhängig von Einbürgerungen ist die Arbeitsmarktintegration beeindruckend: Nach Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind sechs Jahre nach der Einreise mehr als die Hälfte der syrischen Geflüchteten berufstätig. Bei männlichen Geflüchteten sind es sogar zwei Drittel. Deren Mehrheit arbeitet in qualifizierten Vollzeitstellen und verdient im Mittel rund 2.000 Euro monatlich – und dies trotz Pandemie und schwieriger Wirtschaftslage. Zusätzlich absolviert ein Drittel der Erwachsenen eine Hochschul- oder Berufsausbildung.
Integration muss aus beiden Richtungen geschehen
Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Dominik Hangartner, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des DeZIM, unterstreichen: Stabile Verhältnisse in Syrien sind für die meisten Syrer*innen zunächst nur eine Voraussetzung, sich mit einer Rückkehr zu beschäftigen. Syrer*innen mit guten Lebensperspektiven in Deutschland würden voraussichtlich in Deutschland bleiben. Dies ist eine Chance, die Deutschland nutzen sollte.
Die gegenwärtigen politischen Debatten über mögliche Rückkehr ignorieren die Integrationsleistung von Syrer*innen, aber auch die erheblichen bisherigen Investitionen Deutschlands in deren Sprach- und Fachausbildung. Sie erinnern an die Rückkehrpolitik der 1990er Jahre gegenüber Geflüchteten aus dem ehemaligen Jugoslawien. Damals zeigte sich bereits: Länder, die Geflüchteten eine dauerhafte Perspektive boten, wie Schweden, profitierten langfristig von den getätigten Investitionen in der folgenden Integration.
Integration gelingt nicht nur durch die Bereitschaft der Geflüchteten, sondern auch durch die Chancen, die eine Aufnahmegesellschaft bietet. Die aktuellen Debatten schaffen ein Klima der Unsicherheit, das die erfolgreiche Integration gefährdet – zum Schaden aller Beteiligten.