Studie: Alltägliche Bedrohung der Zivilgesellschaft

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Für die meisten zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für Vielfalt und gegen Rassismus engagieren, gehören Bedrohungen zum Alltag.

Für eine Mehrheit der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für eine offene Gesellschaft sowie gegen Rassismus und Antisemitismus engagieren, gehören Bedrohungen zum Alltag. Das Spektrum reicht dabei von einem diffusen „Klima der Angst“, das an manchen Orten herrscht, über gezielte Verleumdungskampagnen und verbale Attacken bis hin zu körperlicher Gewalt. Der größte Teil der Angriffe erfolgt aus dem rechten bis rechtsextremen Milieu.

Das zeigt die DeZIM Research Note "Bedrohte Zivilgesellschaft" von Dr. Nora Ratzmann und Dr. Moritz Sommer. Die Wissenschaftler*innen haben eine standardisierte Organisationsbefragung und qualitative Interviews mit zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt, die als Modellprojekt-Träger im Handlungsfeld „Vielfaltgestaltung“ des BMFSFJ-Programms „Demokratie leben!“ gefördert werden.

Zentrale Ergebnisse

  • Zivilgesellschaftliche Institutionen stehen unter Druck – auch in Deutschland. Insbesondere Initiativen, die sich im Bereich Antirassismus und gesellschaftliche Vielfalt engagieren, sind Bedrohungen ausgesetzt.
  • Die wissenschaftliche Debatte um „Shrinking Spaces“ fokussiert bislang auf staatliche Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume. Aber auch nichtstaatliche Akteure bedrohen die Zivilgesellschaft und beeinträchtigen so ihre Arbeit.
  • Für zivilgesellschaftliche Organisationen gehören Bedrohungen zum Arbeitsalltag, sowohl physische Angriffe als auch diffuse Bedrohungswahrnehmungen in einem Klima der Angst. Übergriffe erfolgen zum größten Teil aus dem rechten Milieu.
  • Bedrohungen belasten Projektmitarbeiter*innen, beeinträchtigen Arbeitsprozesse und binden ohnehin knappe finanzielle und zeitliche Ressourcen.
  • Betroffene Organisationen entwickeln Bewältigungsstrategien, um mit Bedrohungen umzugehen. Diese reichen jedoch nicht aus, um ihre Handlungs- und Arbeitsfähigkeit langfristig zu sichern.
  • Bedrohungen haben das Potenzial, prodemokratisches Engagement nachhaltig zurückzudrängen.
  • Die befragten Organisationen formulieren umfangreiche Unterstützungsbedarfe an Politik und Gesellschaft. Neben Solidarität und Rückendeckung brauchen zivilgesellschaftliche Organisationen bessere rechtliche Möglichkeiten, um sich zu schützen, auch hinsichtlich der Strafverfolgung. Zudem sollten Sicherheitsbehörden und Einwohnermeldeämter sensibilisiert, Beschwerdestrukturen ausgebaut und staatliche Beratungsangebote zum Umgang mit Bedrohungslagen etabliert werden.

Informationen zum Forschungsprojekt

Die Autor*innen der DeZIM Research Note "Bedrohte Zivilgesellschaft" arbeiten im DeZIM-Projekt "Bedrohungslagen von zivilgesellschaftlichen Organisationen im Themenfeld Vielfaltgestaltung". Es untersucht erstmals systematisch die Bedrohungslagen von allen zivilgesellschaftlichen Projektträgern, die im Handlungsfeld "Vielfaltgestaltung" im Bundesprogramm "Demokratie Leben" gefördert werden.

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