Der Monitoringbericht 2025 des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) „Verborgene Muster, sichtbare Folgen. Rassismus und Diskriminierung in Deutschland“ zeigt die ungleich verteilten Diskriminierungserfahrungen in der deutschen Gesellschaft: Mehr als jede zweite rassistisch markierte Person (54 %) gibt an, dass sie 2024 mindestens einmal im Monat Diskriminierung – sei es durch rassistische Zuschreibungen oder aufgrund anderer Merkmale – erfahren hat. Bei nicht rassistisch markierten Menschen liegt der Anteil bei 32 %.
Der Bericht geht drei zentralen Fragen nach:
- Wie haben sich rassistische Einstellungen in der deutschen Gesellschaft entwickelt?
- Und welche Erfahrungen machen rassistisch markierte Menschen in ihrem Alltag?
- Welche Auswirkungen haben Diskriminierungserfahrungen?
Die Ergebnisse zeigen, dass rassistische Einstellungen weit verbreitet sind. Wer regelmäßig diskriminiert wird, leidet häufiger unter psychischen Belastungen und berichtet von Symptomen für Depressionen und Angststörungen. Zudem schwindet das Vertrauen in staatliche Institutionen – besonders unter Menschen mit wiederholten Diskriminierungserfahrungen.
Zentrale Ergebnisse der Studie:
- Mehr als ein Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung hat gefestigte rassistische Einstellungen: 22 % aller Befragten glauben, dass ethnische und religiöse Minderheiten in den letzten Jahren wirtschaftlich mehr profitiert haben, als ihnen zusteht. 23 % sind der Meinung, dass ethnische und religiöse Minderheiten zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung stellen. Diese Befunde unterstreichen, dass rassistische Vorurteile über den Zeitraum von 2022 bis 2024 innerhalb der Gesamtbevölkerung fortbestehen.
- 54 % der rassistisch markierten Menschen erfahren Alltagsdiskriminierung: Mehr als jede zweite rassistisch markierte Person (54 %) erfährt mindestens einmal im Monat Diskriminierung – bei nicht rassistisch markierten sind es 32 %.
- Besonders betroffen von subtilen Diskriminierungsformen sind muslimische (61 %) und Schwarze Frauen (63 %) sowie Schwarze Männer (62 %). Hautfarbe ist für Schwarze (bis zu 84 %) und asiatische Menschen (bis zu 52 %) der häufigste Diskriminierungsgrund, muslimische Personen nennen vor allem ihre Religion (bis zu 51 %). Zudem berichten bis zu 55 % der asiatischen und muslimischen Befragten, als „nicht deutsch“ wahrgenommen und benachteiligt zu werden. Die Zahlen zeigen: Diskriminierungserfahrungen sind nicht zufällig, sondern erfolgen anhand rassistischer Zuschreibungen.
- 42 % der Schwarzen Männer und 38 % muslimische Frauen erfahren Diskriminierung vor allem im öffentlichen Raum: Rassistisch markierte Menschen werden etwa im öffentlichen Raum, in Ämtern, Behörden, in der Freizeit sowie durch Polizei und Justiz diskriminiert. Am häufigsten tritt Ungleichbehandlung im öffentlichen Raum auf: 42 % der Schwarzen Männer und 38 % der muslimischen Frauen berichten von regelmäßigen negativen Erfahrungen. Auch in Restaurants, Geschäften und bei Veranstaltungen sind Schwarze Männer (36 %), Schwarze Frauen (30 %), muslimische (24 %) und asiatische Personen (23 %) besonders betroffen. In Ämtern und Behörden erleben besonders muslimische (37 %) und Schwarze Frauen (29 %) Diskriminierung. Ein zentrales Problem ist rassistische Benachteiligung durch die Polizei: 19 % der muslimischen und 18 % der Schwarzen Männer berichten von negativen Erfahrungen.
- Diskriminierung geht mit einem erhöhten Risiko psychischer Belastung einher: Menschen, die mehrfach im Monat Diskriminierung erfahren, zeigen deutlich häufiger Symptome für Depressionen und Angststörungen als jene ohne solche Erlebnisse. Besonders betroffen sind muslimische und asiatische Personen: Jede dritte Person, die häufig Diskriminierung erfährt, leidet unter moderaten bis schweren Symptomen – im Vergleich zu rund 10 % der Nicht-Betroffenen.
- Besonders bei Betroffenen von Diskriminierung sinkt das Vertrauen in staatliche Institutionen: Seit 2022 ist das Vertrauen in die Bundesregierung bis zu 20 Prozentpunkte gesunken, vor allem bei muslimischen und asiatischen Menschen. Auch das Vertrauen in Polizei und Justiz nimmt ab, besonders bei Menschen mit Diskriminierungserfahrung. So vertrauen 87 % der muslimischen Personen der Polizei, wenn sie keine Diskriminierung erlebt haben – jedoch nur 19 %, wenn sie häufig durch diese diskriminiert wurden. Bei asiatischen Menschen sinkt das Vertrauen von 86 % auf 4 %, wenn sie häufig Diskriminierung durch die Polizei erfahren haben.
„Die Analysen des Berichts zeigen, dass rassistische Diskriminierung nahezu in allen gesellschaftlichen Bereichen stattfindet. Das verdeutlicht die strukturellen Dimensionen von Rassismus. Es ist wichtig, diese Tendenzen systematisch und kontinuierlich zu erfassen, um den akuten Handlungsbedarf offenzulegen. Deutschland trägt hierbei eine besondere Verantwortung: Als Vertragsstaat des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung (ICERD) ist die Bundesrepublik dazu verpflichtet, Betroffene vor Diskriminierung zu schützen und Maßnahmen zur Gleichberechtigung zu ergreifen. Mit dem nun jährlich erscheinenden Monitoringbericht liefern wir eine fundierte Grundlage für gezielte politische Maßnahmen, um diesen Verpflichtungen gerecht zu werden.“ – Dr. Cihan Sinanoğlu, Leiter des NaDiRa
„Über 60 % der muslimischen Frauen und Schwarzen Menschen erleben verstärkt subtile Formen der Diskriminierung. Diskriminierungserfahrungen erfolgen dabei nicht zufällig, sondern zumeist anhand rassistischer Zuschreibungen. Die Zahlen machen deutlich, dass Rassismus für viele Menschen in Deutschland nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Personen, die regelmäßig Diskriminierung erleben, berichten dreimal häufiger von psychischem Stress. Häufig diskriminierte Personen haben zudem ein geringeres Vertrauen ins gesellschaftliche Miteinander und in staatliche Institutionen.“ – Aylin Mengi, wissenschaftliche Mitarbeiterin des NaDiRa und Co-Autorin des Berichts
Weitere Informationen
Der Diskriminierungs- und Rassismusmonitor macht rassistische Einstellung, Diskriminierungserfahrungen und Auswirkungen sichtbar. Der NaDiRa untersucht Ursachen, Ausmaß und Folgen von Diskriminierung und Rassismus in Deutschland anhand verschiedener Datenquellen. Aufgrund fehlender quantitativer Längsschnittdaten zu Rassismus und Diskriminierung wurde 2022 das NaDiRa.panel eingerichtet. Das NaDiRa.panel ist eine repräsentative Online-Befragung, in deren Rahmen regelmäßig rund 13.000 Personen befragt werden und die Einblicke in die Einstellungen und Erfahrungen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen ermöglicht.
Eine Besonderheit der Daten liegt in der gezielten Überrepräsentation von Bevölkerungsgruppen* aus Afrika, Ost- und Südostasien, der Türkei sowie aus mehrheitlich muslimischen Ländern.
Zwischen 2022 und 2024 wurden mithilfe des NaDiRa.panels Daten zu rassistischen Einstellungen und Diskriminierungserfahrungen, psychischer Belastung und Vertrauen in Gesellschaft und Institutionen verschiedener Bevölkerungsgruppen erhoben. In der ersten Erhebungswelle (Juni bis November 2022) wurden rund 20.000 Personen und in der fünften Welle (August 2024 bis Januar 2025) rund 9.500 Personen befragt, mit und ohne Migrationshintergrund.
* Die Kategorisierungen basieren auf der Selbstidentifikation der Befragten entlang folgender Gruppen: nicht rassistisch markierte Menschen (Personen, die sich ausschließlich als Deutsche ohne Migrationshintergrund identifizieren), Schwarze Menschen, asiatische Menschen, muslimische Menschen, osteuropäische Menschen und Deutsche mit Migrationshintergrund (Personen, die sich ausschließlich als Deutsche mit Migrationshintergrund identifizieren). Dabei umfasst die Gruppe rassistisch markierter Menschen alle Gruppen, außer die der nicht rassistisch markierten Menschen.
Der NaDiRa-Monitoringbericht erscheint jährlich und liefert eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung in Deutschland. Das Projekt Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) wird durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Den NaDiRa-Monitoringbericht | 2025 „Verborgene Muster, sichtbare Folgen Rassismus und Diskriminierung in Deutschland“ als Download finden Sie hier.
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