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Einseitige Perspektiven auf Sozialstaat und Migration? Zum Stand des „Paradigmenwechsels“ in der Migrationspolitik

mit Dr. Markus Reichel (CDU), Dominic Afscharian (Zentrum für neue Sozialpolitik) und Dr. Marcus Engler (DeZIM-Institut)

 

Wann:  7. November, 18:30 bis 20:00 Uhr
Wo: DeZIM-Institut, Mauerstrasse 76, 10117 Berlin DeZIM_Saal, 3.OG

 

Am 7.11.2024 fand am DeZIM eine Podiumsdiskussion zum Thema „Einseitige Perspektiven auf Sozialstaat und Migration?“ als Teil der Reihe  „Zum Stand des „Paradigmenwechsels“ in der Migrationspolitik” statt.

Als Einstieg in die Diskussion untersuchte Dr. Friederike Römer, Co-Leitung der Abteilung Konsens und Konflikt am DeZIM-Institut in ihrem Input drei prominente Thesen an der Schnittstelle von Migration und Wohlfahrtsstaat auf ihre empirische Belastbarkeit.

Im Anschluss diskutierten Dr. Friederike Römer mit Dr. Des. Dominic Afscharian, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für neue Sozialpolitik, Dr. Markus Reichel (CDU), Mitglied des Bundestages und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und Dr. Marcus Engler, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Migration. Moderiert wurde die Diskussion von Dr. Niklas Harder, Co-Leiter der Abteilung Integration.

Dr. Römer widerlegte in ihrem Input die These, dass Sozialleistungen allen offen stünden. Stattdessen zeigen vergleichende Daten, dass Sozialleistungen für Migrant*innen auf verschiedene Weisen teilweise oder gänzlich eingeschränkt werden. In den Debatten würde dabei auch oft ausgeblendet, welche negativen Konsequenzen Leistungskürzungen für die betroffenen Menschen, die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt haben.  Zur Prüfung der These des “Sozialstaats als Magnet”, also der Annahme, dass Sozialleistungen ein Pull-Faktor für Migrant*innen wären, wertete Friederike Römer systematisch Literatur aus.
Die Mehrheit der Studien findet keine Belege für die These der „Wohlfahrtsmagneten“. Und selbst Studien, die einen positiven Zusammenhang feststellen, zeigen, dass Sozialleistungen nicht der entscheidende Faktor sind. Stattdessen bedingen besonders der Zugang zum Arbeitsmarkt aber auch soziale Netzwerke Migrationsbewegungen. Fluchtmigration wird durch Kriege und Krisen ausgelöst.
Zuletzt wurde die These, dass Sozialleistungen Arbeitsmarktbeteiligung von Zuwander*innen verhindern, evaluiert. Empirische Belege sind hier rar. Stattdessen gibt es Hinweise, dass Leistungen statt als Fehlanreiz als Befähigungsinstrument funktionieren.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde thematisiert, dass die These des “Sozialstaats als Magnet” in der Bevölkerung weit verbreitet ist und im Wahlkampf aus der Perspektive eines Podiumsteilnehmers ein wichtiges Thema darstellt. Nicht zuletzt, weil Politiker*innen diese empirisch nicht haltbare These immer wieder verbreiten. Die Frage, warum wissenschaftlich widerlegte Thesen in der Politik verbreitet werden, zog sich durch die gesamte Veranstaltung. Am hitzigsten diskutiert wurde jedoch die Frage danach, inwiefern Sozialleistungen die Arbeitsmarktbeteiligung von Personen generell verhindern. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang zwischen dem Rückbau des Sozialstaats und dem Erstarken rechter Parteien thematisiert. Dabei wurde angemerkt, dass sozialstaatliche Restriktionen bei Geflüchteten und Migrant*innen auch deshalb als besonders problematisch sind, weil Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft nicht wählen dürfen, und es so zu einem doppelten Ausschluss kommt. Es wurden auch sozialstaatliche Instrumente diskutiert, die für die Arbeitsmarktbeteiligung dezidiert förderlich sind, wie etwa Kinderbetreuung. Angesprochen wurde auch der so genannte Migrant Pay Gap. Gehaltsunterschiede zwischen Personen mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft machen deutlich, dass Leistungsgerechtigkeit eingeschränkt ist. Abschließend appellierten Teile des Podiums dafür, die negativen Konsequenzen des Rückbaus des Sozialstaats für Migrant*innen ernst zu nehmen und die Chancen des Sozialstaats für alle nutzbar zu machen.

Unsere Gäste

Kontakt

Olga Paczynska

Veranstaltungsmanagerin
Stabsstelle Kommunikation & Wissenstransfer

veranstaltungen(at)dezim-institut.de

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